Der Audiowalk „Black Box“ am Schauspiel Stuttgart
In der Pandemie, die volle Theatersäle verbietet, aber zeitweise Ausstellungsbesuche von Einzelpersonen erlaubt, kam das Schauspiel Stuttgart auf Idee, die „Black Box“ Theater zu einem immersiven Museum zu verwandeln und sich selbst und seine Prozesse und Perspektiven auszustellen.
„Black Box – Phantomtheater für 1 Person“ ist ein faszinierender, atmosphärischer Audiowalk, der alle fünf Minuten eine Person durch die „Eingeweide“ des Theaters schickt. Wir werden begleitet durch die Stimme der Schauspielerin Sylvana Krappatsch und improvisierten Texten von Mitarbeitenden des Hauses sowie externen Gästen
Aus den unterschiedlichsten Positionen und Perspektiven blicken wir auf das Phänomen Theater. Wir tauchen ein in den Malersaal, den Requisitenfundus und in den Souffleurkasten. Immer wieder erwachen Dinge zum Leben, das Katerkostüm wedelt mit dem Schwanz, wie von Geisterhand geht das Licht im Bühnenbildmodell an oder fängt die Nähmaschine an zu rattern.
Den Blick auf die Bühne haben wir von den unterschiedlichsten Positionen aus. Von der Beleuchterbrücke ganz oben, vom Inspizientenpult im Bühnenportal, und wartend auf der Seitenbühne, bevor wir – aufgefordert durch die Stimme in unserem Ohr – den Gang zur Bühnenmitte antreten und selber Akteur:in werden.
Zum Schluss finden wir uns im Zuschauerraum wieder – der einzigen Perspektive, die wir sonst bei einem Theaterbesuch haben. Wie anders „guckt es sich“ nun, nach all den anderen durchlebten Blickwinkeln.
Konzipiert und inszeniert wurde „Black Box“ von Stefan Kaegi von Rimini Protokoll.
Der Besuch seiner Installation „Nachlass“ 2017 im Gropius Bau im Rahmen des Festivals „Immersion“ der Berliner Festspiele, hat mich bereits nachhaltig beeindruckt. Und zeigt auch wie durchlässig die Grenzen zwischen Theater und Museum sind.
Was können sich die Museen im Umkehrschluss hier „abschauen“?
Bei Black Box werden mir Türen Räume geöffnet, zu denen ich sonst keinen Zutritt habe: Open House.
Ich erlebe die Entwicklung und die Umsetzung einer Idee hautnah mit, vom Bühnenbildmodell bis zur Aufführung. Schlüpfe in die Rollen von Inspizienten, Beleuchtern, Maskenbildnern und Dramaturginnen und erlebe so die unterschiedlichsten Sichtweisen:
Multiperspektivität zum Anfassen. Und gleichzeitig poetische Dimensionen, Assoziationen, neue Denkräume.
Denkbar wären zum Beispiel ein Audiowalk, der Depots zum Sprechen bringt, oder die vielen Köpfe und Stimmen die hinter dem Museumsbetrieb stehen erlebbar zu machen.
Eine räumliche, inhaltliche und akustische „Öffnung“, die den Besucher:innen eine Platz im Zentrum bietet.
Fotos von Björn Klein
Black Box ist weiterhin im Spielplan
https://www.schauspiel-stuttgart.de/spielplan/a-z/black-box/
https://www.berlinerfestspiele.de/de/berliner-festspiele/programm/bfs-gesamtprogramm/programmdetail_210965.html